Für vier Wochen werde ich im Untergrund verschwinden müssen. Als nicht Fußballfan kann ich im Moment nicht punkten, egal was ich auch anfange. Kein Restaurant ohne Großglotze, kein freier Platz ohne Großbildleinwand, selbst Kinos schließen, oder sie zeigen die hundert besten Fußballfilme. Kein TV, keine Zeitung ohne . Öffentliche Verkehrsmittel sind für Nichtfans eine reegeelrechte Hörfolteer. Nur ein Thema von Sitzplatz zu Sitzplatz, nie mein Thema. Freunde nennen mich, die für die Globalisierung ansonsten eintritt, Ignorant und dass es meine patriotische Pflicht sei, Flagge zu zeigen. Eine wochenlange Freundschaftssperre droht. Harmlose Fragen und zucke nervös zusammen, fange an zu stottern. Die Lebensmittel werden knapp, selbst die Kassiererin in meinem Supermarkt sitzt aufgeschlossen, freundlich lächelnd vor ihrer Kasse, fragt, "haben sie gestern?" Ich versteinere stumm, verstaue in höchster Eile das Notwendigste, verlasse hektisch und gebückt den Laden.
Es heißt verschwinden, dicken, unsichtbar werden.
Meine Anfrage in einem Kloster der stummen Trappisten um ein vierwöchiges Exerzitien, wurde freundlichst positiv beantwortet, nicht ohne den Hinweis, dass sie auf Wunsch einen Fernseher zur Verfügung stellen, um die Spiele und Ergebnisse der Weltmeisterschaft verfolgen zu können.
Kein Verlaß mehr auf den Klerus. Gott spielt mit.
Keine fußballfreie Zone weit und breit. Die Rosen auf meiner Terrasse werden schnell in der Dunkelheit mit Wasser übergossen, denn der freundliche Nachbar winkt schon," haben sie dieses Tor gesehen?" Ich verriegle Fenster und Türen, lasse die Jalousien runter. Zeit für mein Bücherregal um die alten Klassiker, die hier seit zwanzig Jahren ein ungelesenes Dasein fristen, neben mir aufzuschichten und zu lesen. Endlich bekomme ich seelischen Zuspruch, wie befriedigend Einsamkeit sein kann.
Auf Bitten meiner Tochter wagte ich mich ein einziges mal hinaus ins Freie.
Mit meinem Lieblingsenkel, suchte ich einen völlig fußballfreien Kinderspielplatz auf. Der Kleine kaum der Windel entwachsen, schlug mit seiner Plastikschaufel auf mein Knie und krähte, "Omi kennst du den Titan Kahn?" nach kurzer Überlegung kam meine Antwort, "das mein Kleiner ist sicher ein ganz großes Schiff". Sein Schlag traf das andere Knie, "du bist eine dummi Großmutter". Nun war ich vollends stigmatisiert und bat meine Tochter, für die Dauer der WM auf weitere Besuche zu verzichten. Danach so hoffe ich, werde ich wieder zur lieben Omi. Die Freunde werden zurückkommen, mein Italiener serviert wieder bei italienischen Klängen seine gute Pasta und die Welt ist wieder in Ordnung.