Irgendwo läuft eine Fotoausstellung, Nahaufnahmen von Gesichtern in allen Lebenssituationen und der ganzen Skala von Gefühlen, die sich darin spiegeln "Psychognomia". Beobachtungen, die wir anscheinend verlernten, wir leben eher nach dem Prinzip, nichts sehen, nichts hören, nichts sagen. Wir treffen Entscheidungen, ganz ohne persönliche Einschätzung unseres Gegenüber, von unserem Wollen gelenkt, nicht von der Mimik unseres Gegenübers. Bis wir einräumen müssen "das hätte ich aber von dem nicht gedacht".
Unserer Kanzlerin Merkels Gesicht ist die schiere Plattform, aus ihrer Mimik zulesen, welche Empfindungen es widerspiegelt. Ein rasches kurzes Aufleuchten der Augen, fast meint man, sie sieht sich ängstlich um, nur um einen nächsten Nackenschlag abzuwehren. Sie bewahrte sich etwas ausgesprochen kindliches. Wir alle waren Zeuge bei der WM, sie warf die Ärmchen in die Luft und ein Lachen brach aus ihr, dass ebenso ruckartig verflog, als sie in das Gesicht ihres Nebenmannes sah. Bei Klinsis Umarmung wurde sie gar zu seiner Schwester. Kleine Momente.
Gestern saß Angela Merkel, mal wieder bei Illner in deren Talkshow. Fraglos vorbereitet, abgestimmt, vorzensiert alle Fragen, die sie fast heiter beantwortete. Sie ist glaubwürdig, integer, arbeitet hart und nimmt uns ernst. Sie gehört nicht zur Spaßgesellschaft wie einige andere Politiker. Ich nehme ihr ernsthaftes Bemühen um Verbesserungen ab. Sie macht es sich nicht leicht. Die Abschrägen der Mundwinkel geht längst über ihr Kinn hinaus. Sie musste früh lernen nicht zu kuschen, ganz im Gegensatz zu ihrem Ministerpräsidenten, auch aus dem Osten, Herrn M.Platzeck. Sie konnte schon als Kind alles besser. Alle Verletzungen, sind in ihrem Gesicht auszumachen. Streberin, Beste, weder hübsch, noch charmant, ein Blaustrumpf, eine verhinderte Romantikerin, die ihre Sehnsucht nach sozialer Gerechtigkeit und Gleichberechtigung kompensiert mit Wissen.
Andererseits eine harte Taktikerin. Ein einsames Mädchen, das seinem Auftrag folgt. Ich vertraue ihrem Anspruch, ich glaube ihrem Vorsatz, uns, dem Volk dienen zu wollen. Doch ich bin mächtig sauer, was wir bei all den Reformen in Kauf nehmen müssen. Sie ist eine die immer gelitten hat und das mutet sie uns nun ganz selbstverständlich zu.
Ständig wird sie gemessen und vermessen, vorgeführt und leicht verführbar der alten Riege. An Herrn Öttinger, in Schwaben wird sie sich die Zähne ausbeißen, ihre Falten werden tiefer, wie kommt sein Schwabenländle dazu, das gut aufgestellt ist, genau wie Bayern, für ein Sandeland wie Brandenburg oder MeckPom ständig drauf zu zahlen.
Sie wird es sich nicht gestatten zu verlieren, scharrt doch schon Herr Beck mit den Kufen, während die Diplomatenköfferchen der Minister mit kleinen Sägen bestückt sind.
Da wird noch so mancher Span fliegen.