Totgesagte leben länger, vielleicht uninteressanter, guckt ja keiner mehr hin weil, Wettlesen während der WM...
Aber, wenn sie mit einem vergibsten Bein auf der Couch liegen, wird die Veranstaltung zur Vorleserin.
Im Vorspann wurden Ausschnitte aus früheren Jahren geboten mit vertrauter Qualm- Atmosphäre der Gruppe 47. Da wurden mehr Zigaretten angezündet als Händegeschüttelt, wie auch. Da war man noch wer. Vorbei. Trends gab es keine, kein prall erzähltes Leben. Das wir mit Sprachmüll eingedeckt werden, wissen wir. Neues, Anarchisches, Beschreibendes, Fehlanzeige. Die Prozedur der Stichwahl raubte einem den letzten Nerv, die Gewinnerin Kathrin Passig bekam für meine Ohren keinen anderen Klang, als die Lesung all der anderen Mitstreiter. Bei Clemens Meyer hörte ich etwas aufmerksamer hin während seiner 30 Minuten, trotzdem griff meine Hand immer öfter in die Kirschenschale, nein er ist es nicht, Boxer und Gefängnis im Sinne amerikanischer Short-Storys, leider mit deutsch unterkühlter Temperatur. Älter sind die Kandidaten geworden.
In Konfektion ist nicht nur der Körper gehüllt, die Sprache kommt genau so daher. Unauffälligkeit im Sommer-Look, drei lange Tage. Einsam müssen sie sein, wie dankbar wird ein kleines Scherzchen ausgelacht, Köpfe fliegen lachend hinter die Rückenlehnen der Stühle. Ursula März meinte einmal, das Dunklerwerden Welt auszumachen, Herr Corino, schüttelte sein weises Haupt, bei mir wird es jeden Abend dunkel. Eine Schrecksekunde dann fiel der Groschen.
Was ich wirklich bemängele, ist die Erfahrung, dass Norbert Scheuer, mit der Jurorin die ihn vorschlug, den Text in aller Einzelheit bearbeitete. Er bekam den 2. Preis, wenn auch erst nach der Hundertfünfzigtausenden Stichwahl.
Insgesamt ein Labsal kracht uns doch der Fussball allenthalben im Dauergetöns um die Ohren. Ist es doch ein wenig Heimat in meinem Genre, fehlen nur die dicken Rauchschwaden die durch den Raum wabern und die vollen Rotweinkrüge.