Es muss der zweite Tag des Sommers sein, der kein Blatt bewegt und Schwüle sich auf meiner Terrasse und im Gehirn breitmacht.
Zwei Zeitungen unterschiedlicher Ausprägung liegen zerfleddert neben mir, während ich versuche, aus dem Gelesenem eine Tageskritik zu schreiben. Keine Empörung trifft mein Befinden, zugepflastert und bombardiert mit Meldungen sind sie mir heute recht einerlei.- Da half auch die Erzählung meiner Boutigenbesitzerin nicht, dass sie nach Polen auswandert, weil ihr Deutschland zum Halse raushängt, warum Polen, na in den Masuren soll es noch menschenleer sein, die Menschen hier haben eine Anspruchshaltung, die ich nicht mehr erfüllen kann. Oder der Postbote klagt, dass sie immer weitere Straßen bedienen müssen und es kaum schaffen, dass da kein Gespräch mit den Briefempfängern mehr möglich sei, sie werden gejagt und –hier wird seine Stimme eine Oktave höher -, man verlangt auch noch, dass ich Treppen steigen soll, um die Post auszuhändigen, ich schick an den Absender zurück, was ich nicht sofort loswerde. Gut, denke ich, meine Wohnung liegt im Erdgeschoß.
Die Hypo-Bank wird Tausende Stellen streichen, seit sie fusionierte und Stoiber will Sozialleistungen weiter kürzen. Die SPD will wieder zum Gründergedanken zurück, vielleicht gibt es einen linken Kapitalismus? Eine kleine Freude gab es bei all den Artikeln, die „Arche“ über die ich vor geraumer Zeit schrieb, eröffnet in einem weiteren Berliner Bezirk, weil jedes 4. Kind in Berlin an Hunger leidet. Unser Bürgermeister und Partygänger Wowereit, kennt „Arche“ nicht, eine Suppe dort von ihm gelöffelt, schon gäbe es ein paar Sponsoren mehr. Vielleicht ist ein Bild umringt von hungernden Kindern, nicht werbewirksam genug für Stimmen der SPD. Was noch... ? Ein Schuljunge stand mit seinem dicken Schulranzen in der Straßenbahn auf, um mir Platz zu machen, ich sagte, nein danke bleib sitzen, deine Tasche ist schwerer als meine. Er sah mich rotwerdend verständnislos an, setzte sich aber wieder. Solange es solche Momente gibt, bleib ich noch in Deutschland.
Der Himmel zieht sich zu, scheint ich brauche meine Rosen auf der Terrasse nicht zu gießen und die Leibesübungen in der Turnschule lasse ich heute auch sausen.