2)
• Überlegen, nachdenken, Gründe suchen, die Zeit blieb nicht, oder wollte sie nicht. Zeit wurde zu einem wichtigen Faktor, hast du noch Zeit? Hier die Tatsache, die Diagnose, darauf musste ich reagieren oder sofern man zum Stoiker neigte, es ließ sich auch zur Seite schieben, lebte die vermeintlich verbleibende Zeit nach Wunsch und nahm wie es kam aber auch hier blieb Zeit der Wunsch. Ich neige eher zum Fatalisten, das Augenmerk fokussiert auf unabdingbares das getan werden wollte für die Möglichkeit so weiterzumachen wie bisher. Einmischung von außen, Freunden oder Familie gestattete ich nie, das sagt sich so, wahrscheinlicher ist, dass ich dazu nicht fähig war, genau völlig unempfindlich gegen sogenannte gute Ratschläge, und „lass dir doch helfen“. Dafür war ich bekannt, dass ich völlig resistent und ignorant eigenen und fremden Erfahrungen, die jedem im Laufe von über 50 Jahren begegnen, handle. Wundern ja, jeden Tag aufs neu. Das Verhalten meiner Familie allerdings war so nicht vorauszusehen, erschreckend, andererseits konsequent ganz nach meinem Verhalten. Meine Tochter schrieb zu der Zeit an ihrer Diplomarbeit zur Psychologin und Krebs kam bei ihrem Thema nicht vor. Sie war entsetzt, „aber Mutti, das muss ich erst mal verarbeiten, das beinhaltet ja, dass ich eventuell auch Krebs bekommen kann“. Donnerwetter, mir fiel fast der Hörer aus der Hand. Solange ich also am Krebs laboriere, werde ich mich nicht mehr melden. Meine Schwester lehnte Krebs ab. Das hast du dir nur eingebildet und schreibst ja also, da überzeugten auch keine Kopien die ich faxte. Auch die Mutter fand es bedauerlich und selbst nicht so richtig gesund, „Kind das wird schon“ Bisher war so ein Verhalten mir nur als Fallbeispiel bekannt in der Psychologie und nur unter asozialen Personen möglich. Später hatte ich noch oft die Gelegenheit, diese Reaktion bei Familienangehörigen festzustellen, es wurde nicht zur Regel aber allseits bekannt, die Familie zieht sich zurück bis alles im Lot ist, um anschließend Erklärungen und Entschuldigungen über ihr Verhalten abzugeben, so ähnlich, meine Liebe zu dir hielt den Schmerz nicht aus. Wir schützen uns, bevor der Schlag kommt. Die Nachwirkungen des Krieges überstand meine Familie sehr schlecht, der kindliche Rest war penibel darauf bedacht, so wenig wie möglich mit Stammesangehörigen zusammen zu sein. Bei 5 Geschwistern wird die Zahl fast zwangsläufig größer und jeder hatte seinen Freundeskreis und später eigene Familie.
• Ich blieb immer verwundert und erstaunt ein richtiges Netzwerk aus Freunden ob in Berlin, München, Portugal oder wo ich mich länger aufhielt zu haben. Freunde seit über 50 oder 30 Jahren sind mir geblieben und sie sind das Salz in meiner Suppe, Wahlverwandschaften, Akzeptanz, Zuneigung und Vertrauen des Menschen. War höchste Not am Mann, gab es einen toten Vater der immer für einen Dialog zur Verfügung stand. Der musste auch jetzt hin und wieder herhalten.