Sicher entspricht unser Haus nicht den heutigen architektonischen Ansprüchen, funktional mit dem Charme des Realismus der 60iger gebaut und worauf es ankam, bezahlbar. Bis heute. Nun wird das 1000qm Grundstück langsam zur Belastung. Strom und Heizung überschreiten die Grenze der Kalkulation, Straßenreinigung und Müll, Reparaturen ständig am Haus, neue Baubestimmungen, neue Verordnungen müssen eingehalten werden. Da fragt man sich schon, lohnt es sich überhaupt, dies Eigentum zu erhalten. Der Nachbar gab schon auf, verkaufte seine zwei Einfamilienhäuser, die genau in unser Gegen passten und was zeigt das Bauschild, hier entstehen 12 Eigentumswohnungen, wo früher Gärten, Obstbäume und Kinder blühten und aufwuchsen, ein Koloss von heutigem Geschmack aus Glas. Homogenes, nachbarschaftliches Miteinander, ade. Wir überlegen, wie wir hier rauskommen so, dass sich der Einsatz von einst lohnt.
Delmenhorst wird zum Leitfaden. Ein bauernschlauer Tölpel hat es vorgemacht. Biete Grund und Boden einem Naziverein, nach uns die Sintflut, was sollen da moralische oder ethnische Bedenken. Abriss, Versteigerung und ich geh leer aus. Gegen Nazis, wieso? Anständige Leute, Zucht und Ordnung, ordentliche Zahlungsmoral, sorgen für Sicherheit im Umfeld, von wegen Trödel- und Gemüsemarkt, Dönerbuden von Türken. Fliegende Händler. Der neue Prospekt für die neuen Eigentumswohnungen wird dies gebührend hervorheben. Diese Gegend wird frei sein von unbekannten Subjekten die die Straße benutzen. Die Polizei kann sich zurückziehen. Das Finanzamt wird sich freuen über pünktlich bezahlte Steuern, Ordnung und Sauberkeit auf der Straße. Das Haus wird nicht abgerissen, unsere Erinnerung bleibt erhalten, die werden den Mief der alten Zeit honorieren. Niemand interessierte sich dafür, kein amerikanischer Investor, nicht die Stadt. Jetzt reissen sie das Maul auf und ausserdem sind mir die Nazis im Haus ganz lieb, sicher werden sie mich zu ihren Versammlungen einladen und danken, dass sie mein Grundstück erwerben durften. So sind wir doch nie ganz weg, Einer muss sich doch bedanken dafür, dass wir für dieses Haus alles gegeben haben. Ich hoffe es klappt. Danke Delmenhorst.