Morgens reibt man sich verdutzt die Augen, der Blick geht verstohlen zum Wecker, nein, nicht verschlafen. Die dunklen Tage sind vorbei. Die Gesichter werden heller. Raus aus dem Plümo, radeln, laufen, schauen. Von nebenan dröhnte die letzten Wochen Baulärm, egal man sah nicht hin, war eh dunkel. Doch jetzt staunten die Augen, was entsteht hier, was soll das werden in der Nachbarsiedlung, ein Pavillon zum Lustwandeln für die Bewohner? Wie hübsch. Weiß lackiertes Gitter ringsum, die Decke gewölbt. Vielleicht eine Voliere in der bunte Vögel fliegen, Fußboden Terrakotta gefliest und abschließbare Drahttür, möglich wärs. Das wird nicht billig. Mindestens vier Wochen schon bauen sie. Die Eigentümergemeinschaft gibt Geld aus, für Freizeit und Vergnügen. Vorbildlich, denn der Spielplatz in ihrer Mitte lässt sehr zu wünschen übrig, verrostete Geräte und Schaukel ohne Schaukel, vielleicht kommt eine Tischtennisplatte hinein, ein Dartspiel, oder ein Sandkasten ohne Katzen. Ich radle vorbei und staune. Hübsch sieht das filigrane Gitter aus.
Fertig gebaut, ich reibe mir die Augen, glaube nicht was ich da sehe. Das gibt es doch nicht. Dies wunderschön leichte, strahlende Gebilde steht voller Mülltonnen. In Reih und Glied stehen sie auf gekacheltem Boden und vor der Tür ein großes Schloß. Wenn das kein Grund ist für eine soziologische Studie. Die Deutschen hüten ihren Müll wie einen Schatz. Die Zwiebel-und Eierschale, der leere Yogurtbecher, Kapital. Ist unser Müll kostbar, muss er in einen Safe geschlossen werden. Reicht nicht der schwere Deckel, der die Tonne abschließt? Der Müll bekommt sein eigenes Haus, aufwendiger als der Spielplatz. Vor wem muss er geschützt und behütet werden? Ich fass es nicht.
Die Kinder spielen im Sandkasten, den die Katzen den Winter als Klo benutzen. Verwitterte rissige Wippe, aber den Müll hinter Gitter. Die Hausfrau wird in Nerzpantöffelchen und goldenem Abfalleimerchen aufschließen und liebevoll ihren Müll versenken, vielleicht nachsehen ob ein Staubkörnchen auf den kostbaren Terrakottafliesen liegt, derweil sich die lieben Kleinen mit Katzendreck beschmieren. Seien wir nicht so pingelig, Dreck ist gesund, stärkt die Abwehrkräfte der Kinder. Aber, dass ein Unbekannter seinen Müll zu meinem wirft, das verbietet sich fast von selbst. Könnte ja jeder kommen. Nur weit und breit gibt es keine weiteren Nachbarn, die eventuell sich nachts anschleichen, im Müll wühlen, oder einfach ihren dazu werfen.
Vorsicht ist geboten, schließlich war mein Müll teuer, ich kann mir Müll leisten.