Pünktlich zum Ende der Politikerferien ging es gleich mit Gewalt zur Sache. 13. August Gedenktag des Mauerbaus, Kränze gelegt, Schleifen geordnet und her mit den neuen Stasiunterlagen. Endlich der Beweis für den Schießbefehl an der Berliner Mauer. Eine olle Kamelle, die vielleicht den Hinterbliebenen eines toten Flüchtlings, zum neuen Prozess verhilft, ansonsten nur weiter einen Keil für das kleine Pflänzchen Ost-West-zusammenwachsen treibt. Jede Stadt findet nun ein vergilbtes Blatt dieses menschenverachtenden Befehls. Zum 399igsten Mal erklären ehemalige Grenzer, dass sie daneben geschossen hätten. Keimt das Mißtrauen hoch, schoß mein Metzger, mein Bäcker, wieso hat er sich nicht widersetzt, protestiert. Exgeneral Schönbohm, CDU in Brandenburg lange Minister, er wusste nichts? Sind die Verbrecher in den Reihen der PDS und Linken zu suchen? Die politische Diskussion um die Salonfähigkeit der Linken ist dadurch aufs Neue eröffnet. Wenn den westlichen Politikern die Argumente gegen die Linken ausgehen, kommen sie mit deren unbewältigter Vergangenheit. Wie agieren unsere demokratisch erzogenen Soldaten in Afghanistan, gab es da nicht eine willkürliche und großzügige Auslegung eines Befehls, schon bewältigte Vergangenheit? Es ist wie in einem Hamsterrad, wir erschauderten nach dem Untergang des 1000jährigen Reiches über all die mörderischen Befehle und deren Ausübung. Nun läuft uns es kalt über den Rücken bei den Befehlen der NVA. Wer sind die Gerechten, die Aufrechten, wo Moral und Ethik höchstes Gebot bedeutet. Das Thema meines philosophischen Gesprächskreises letzten Monat, hieß: "wie definiert jener das Wort "Ossi", der es ausspricht."
Nur durch die Aussagen der Ostteilnehmer, nehme ich mir das Recht, über diese jetzige Situation sprechen zu dürfen. Das nächste Thema wird lauten: "Freiheit, wozu, mit wem?" Da sitzen Wessis und Ossis beisammen, versuchen behutsam Formulierungen für Argumente und Lösungen der Probleme zu finden. Das sehe ich als eine Möglichkeit der Vergangenheitsbewältigung.