Spät wurde es die letzte Nacht und dem Klopfen an meiner Terrassentür am nächsten Morgen, öffnete ich noch völlig desorientiert. Kaum geöffnet, wurde meine Hand gerissen und geschüttelt, „zum Tag der deutschen Einheit“, meiner lieben Wessinachbarin. Ich lahm, „Ach so, ja“. Hier ist es gelungen, im kleinen, im nachbarschaftlichen Miteinander, mitten in Potsdam. Der Nachbar, ehemaliger NVA-Offizier, Panzerfahrer noch völlig in Ostalgie, ausgemustert nach der Vereinigung, heute Übersetzer ins russische aller ehemaliger Panzer und Miniaturnachbauer. „War mein Leben, meine Arbeit 40 Jahre bei der NVA umsonst, fragt er mich. Ich bin weder Diskussion bereit, noch will ich über den Werte eines Lebens richten.
Ich bin Pazifist bis in die Knochen, meine einzige 100%ige Entscheidung.
Der Film von Leander Haußmann „NVA“ bedeutet für ihn eine einzige Beleidigung, schon gar als Komödie. Alte NVAler gehen nicht in diesen Film. Für ihn tägliche harte Arbeit, Lebensunterhalt und Anerkennung, ohne Rücksicht auf Familie und unverbrüchlicher Glauben an den Sozialismus. Ja, er hätte auf Befehl mich erschossen, ich war ein kapitalistischer Feind. Nun montiert er neue Reifen an mein Fahrrad, kauft Regalbretter, bringt Birnen und Äpfel von seiner Datsche mit und hilft bei allem, was Frau nicht alleine kann. Diskutiert danach über sein Deutschland, als verlange er die Absolution. Wie könnte ich Verständnis für das Militär aufbringen, ging doch mein Bruder, Ende der Fünfziger lieber in den Knast, weil er die neu gegründete Bundeswehr ebenso ablehnte wie ich.
Ein Urteil steht mir nicht zu, kokettierte ich damals 68 damit, rüberzumachen, wo es Mutter alleinerziehend, so viel besser ging. Theater, Ballett, Uni, da war durchaus Neid für die Menschen im Osten. Heute. ?
Der Osten möchte Anerkennung seiner Werte seiner Lebensart vom Westen, nicht den devoten Untertan abgeben. Dieses Verhalten ist ihr Motivationshemmer für einen Neuanfang und ihre spätere Geschichte, ihr lähmendes Entsetzen. Miteinander reden, auseinandersetzen über Grundsätzliches mit Respekt und Achtung bringt uns näher und nicht die Riesenfeier Hunderttausender, heute in Potsdam mit Politikergeschwätz, Trara und Bockwurst.
Wir beide werden nicht hingehen, ich werde meinen Tee bei seiner Familie trinken.